Praxishandbuch SAP EWM: Planung und Einrichtung eines Materialflusssystems (MFS)
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Das vollautomatische Lager mit Materialflusssystem ist im Hinblick auf seine Effizienz fast unschlagbar. Aber wie bekommt man all die dort installierten Anlagen, die Förderstrecken und Regalbediengeräte des jeweiligen Herstellers, dazu, mit SAP S/4HANA EWM zusammenzuarbeiten?
Franziska Bernard, SAP-Beraterin mit großer Erfahrung im Bereich EWM, vermittelt Ihnen in diesem Buch anhand eines Beispiels aus der Palettenfördertechnik praxisnah und kompakt, was Sie über die Einrichtung und den Betrieb eines automatischen Lagers mit SAP S/4HANA EWM wissen müssen. Sie beschreibt dessen Konzeption inklusive des dafür erforderlichen Customizings, erklärt, wie die Stammdatenpflege funktioniert und welche Checks Sie vor Inbetriebnahme der Anlage durchführen sollten. Auch die Spezifika der Behälterfördertechnik finden dabei Berücksichtigung. Ein eigenes Kapitel widmet die Autorin dem sogenannten Telegrammverkehr: Wie kommuniziert SAP EWM mit der physikalischen Anlage? Schließlich lernen Sie die Grundlagen des Störungsmanagements kennen und erfahren, wie Sie Ihre Anlage mittels fortlaufender Auswertung des Leistungszustands und sinnvoller regelmäßiger Arbeiten effizient und »fit« halten. Hierzu werden Ihnen die entsprechenden Standardfunktionen des Lagerverwaltungsmonitors (LVM) kompakt erläutert.
So ist das Buch der ideale Begleiter für Sie, um einen wichtigen Quantensprung in Ihrer Lagerhaltung zu schaffen!
- Konzeption eines automatischen Lagers, Customizing, Stammdaten
- Telegrammkommunikation zwischen SAP EWM und Anlage
- Störungsmanagement, Kennzahlen und Housekeeping
- Praxisnahe Darstellung anhand eines Beispiellagers
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2.1 Customizing der Materialflusskomponenten
Wie schon bei der Begriffsdefinition, beginnen wir bei der obersten Ebene und arbeiten uns nach unten durch.
2.1.1 Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS)
Stufe 1 ist die SPS. Für unser Beispiellager haben Sie die in Tabelle 2.1 genannten SPS definiert.
SPS | Beschreibung |
---|---|
WE01 | Steuerung Wareneingang alle Elemente |
G001 | Steuerung Hochregal Gasse 1 |
G002 | Steuerung Hochregal Gasse 2 |
WA01 | Steuerung Warenausgang Arbeitsplatz 1 |
WA02 | Steuerung Warenausgang Arbeitsplatz 2 |
WA03 | Steuerung Warenausgang Fördertechnik |
Tabelle 2.1: Liste der SPS
Die Einrichtung einer SPS geschieht in drei Schritten über
- einen SPS-Schnittstellentyp,
- die Definition der SPS sowie
- die Einrichtung eines Kommunikationskanals (siehe Abschnitt 2.1.2).
In der Transaktion SPRO finden sich diese Elemente unter dem Pfad SCM Extended Warehouse Management • Extended Warehouse Management • Materialflusssystem (MFS) • Stammdaten.
Für den SPS-Schnittstellentyp entscheidend ist die Überlegung, welche Elemente später hinter der SPS hängen und kommunizieren sollen. Unsere Wareneingangs- und Warenausgangs-SPS steuern einzig Meldepunkte, die SPS G001 und G002 zusätzlich die Fahrzeuge.
Daher empfiehlt es sich für unser Szenario, zwei Schnittstellentypen anzulegen, einen für meldepunktspezifische Kommunikation und einen für ressourcenspezifische Kommunikation (siehe Abbildung 2.1).
Abbildung 2.1: SPS-Schnittstellentypen einrichten
Sie definieren diese in der Transaktion SPRO unter SCM Extended Warehouse Management • Extended Warehouse Management • Materialflusssystem (MFS) • Stammdaten • SPS-Schnittstellentyp definieren.
Der nächste Schritt ist die Einrichtung der SPS. Sie geben dabei den SPS die Grundstruktur der Telegramme mit. Diese Grundstrukturen werden im Data Dictionary (DDIC) definiert. Hier ist normalerweise eine Abstimmung mit Ihrem Anlagenautomatisierer notwendig.
Der Anlagenautomatisierer hat Recht!
Richten Sie sich bei der Definition und Einrichtung der SPS unbedingt nach Ihrem Anlagenautomatisierer. SAP EWM lässt sich gut und flexibel auf seine Bedürfnisse anpassen. Viele Telegrammstrukturen sind ähnlich und unterscheiden sich manchmal nur in der Reihenfolge. Der Aufwand bei einer Umstellung wäre für den Anlagenautomatisierer meist um ein Vielfaches höher und rechnet sich häufig nicht. Bevor Sie gleich mit eigenen Strukturen loslegen, lesen Sie bitte Kapitel 3.
Wie der Telegrammaufbau im Detail funktioniert und wie Sie diese Nachrichten lesen und auswerten, erfahren Sie in Kapitel 3. Hier konzentrieren sich die Ausführungen auf das Customizing.
Von Bedeutung ist, dass Sie im folgenden Customizing zweimal Strukturen für den Telegrammverkehr angeben müssen. Für die SPS ist nur der Telegrammkopf interessant, dessen Daten jedes Telegramm enthalten muss. Weiterführende Infos wie HU-Ident, Gewichte, Auftragsnummern etc. sind in der Gesamtstruktur hinterlegt.
Wir verwenden in unserem Beispiel die Standardkopfstruktur der SAP namens /SCWM/S_MFS_TELECORE. Den Aufbau der Struktur und ein Beispiel, wie Telegramminhalte aussehen können, sehen Sie in Abbildung 2.2.
Abbildung 2.2: Strukturaufbau »/SCWM/S_MFS_TELECORE«
Neben der Telegrammkopfstruktur braucht unsere SPS noch Lagerprozessarten für die Bewegungen. Die entsprechenden Einstellungen für WE01 zeigt Abbildung 2.3.
Abbildung 2.3: Definition einer SPS
Sie verwenden hier die Kennung 3080 für interne Lagerbewegungen (Umlagerung – LPA) und Störfälle (Prozessart Fehlerfall). Diese Lagerprozessart nutzt das System, wenn es aufgrund von Fehlercodes oder gemeldeten Ausnahmen HU zu NIO-Plätzen (in SAP EWM oft auch »Klärplätze« genannt) ausschleusen muss. Achten Sie immer darauf, dass die von Ihnen verwendete Lagerprozessart Sofortquittierungen zulässt. Das System braucht die Möglichkeit, im Fehlerfall sofort umbuchen bzw. umlagern zu können.
Außerdem ist aus Abbildung 2.3 ersichtlich, dass 3085 für Einlagerungen (Einlager LPrzArt) und 3090 für die Verbuchung einer Bewegung von Meldepunkt zu Meldepunkt (Prozessart BewBuchng) verwendet werden.
Zuletzt definieren Sie noch die Identifikation, also mit welchem Namen die Anlage das SAP-System anspricht. Innerhalb der Telegramme wird im Kopf immer eine Sender- und eine Empfängerinformation ausgetauscht. In unserem Fall könnte die Identifikation z.B. SAP1 oder EWM1 lauten.
Achten Sie auch auf den SPS-Modus.
Ihnen stehen drei Varianten zur Auswahl:
- Palettenfördertechnik und Regalbediengerät
- Behälterfördertechnik
- Behälterfördertechnik und Regalbediengerät
Sollten Sie ein Behälterlager haben und später das Verhalten des SAP-Systems hierfür anpassen wollen, müssen Sie einen der beiden zuletzt genannten Modi wählen (die Besonderheiten der Behälterfördertechnik erklärt Abschnitt 2.7). Ansonsten wählen Sie Palettenfördertechnik und Regalbediengerät.
Legen Sie nun die restlichen SPS analog an. Nur die SPS der Hochregalgassen G001 und G002 bekommen den vorher festgelegten Schnittstellentyp R (siehe Abbildung 2.1). Das fertige Customizing sehen Sie im Überblick in Abbildung 2.4.
Abbildung 2.4: Übersicht aller definierter SPS
2.1.2 Kommunikationskanäle
Um die Einrichtung der SPS abzuschließen, bedarf es der Definition Ihrer Kommunikationskanäle.
Auch hier sind Sie nicht allein unterwegs. Die Nachrichtenverbindung zur SPS bauen Sie anhand Ihrer IP und Ihres Ports auf. Und das ruft neben dem Anlagenautomatisierer auch Ihre Netzwerkabteilung auf den Plan.
Geschwindigkeit zählt
Je nach Ihrer Netzwerkstruktur bedarf es beim Aufbau der Nachrichtenverbindungen Anpassungen und Freischaltungen auf Firewalls. Der Datentransfer sollte jederzeit ungehindert und schnell den kürzesten Weg nehmen, ohne dass Ihre Firma dabei Sicherheitseinbußen befürchten muss. Binden Sie daher die Kollegen frühzeitig in die Planung und den Aufbau mit ein. Ihre Fördertechnik ist auf schnelle Antworten angewiesen, der Netzwerkanteil der Kommunikation sollte deshalb von Anfang an gering gehalten werden.
In unserem Beispiel bekommt jede SPS einen Kommunikationskanal. Wenn Sie (noch) keine echte Anlage haben, mit der Sie kommunizieren, können Sie sich mit der Loopback-IP 127.0.0.1 behelfen. Diese wird nicht sofort beim Customizing benötigt, sondern erst später bei der Stammdatenpflege.
In der Transaktion SPRO über den Customizing-Pfad SCM Extended Warehouse Management • Extended Warehouse Management • Materialflusssystem (MFS) • Stammdaten • Kommunikationskanal finden Sie drei Unterpunkte für das Anlegen der Kanäle (siehe Abbildung 2.5).
Abbildung 2.5: Transaktion »SPRO« – Kommunikationskanal anlegen
In unserem Szenario legen Sie nur einen Kanal an, es besteht somit keine Notwendigkeit, eine Rangfolge der Kanalobjekte zu definieren.
Erstmal halten Sie hier nur die leeren Kommunikationskanäle vor. Sie können, wie in Abbildung 2.6 dargestellt, die höchsten Laufnummern von Sender (Spalte höchste Lfnr Senden) und Empfänger (höchste Lfnr Empfangen) vergeben. Darunter ist so etwas wie ein Nummernkreis zu verstehen, der später für den Telegrammverkehr verwendet wird. Diesbezügliche Vorgaben hierfür erhalten Sie von Ihrem Anlagenautomatisierer. Lässt dieser Ihnen freie Hand, können Sie defaultmäßig den Wert 9999 eintragen (siehe Abbildung 2.6). Mehr zu den Laufnummern und deren Verwendung erfahren Sie in Kapitel 3.
Abbildung 2.6: Transaktion »SPRO« – Übersicht der angelegten Kanäle
Die Kanäle regeln viele Details der Telegrammkommunikation wie
- den Handshake mit der Anlage,
- wie Telegramme quittiert werden sollen,
- wie oft sich Telegramme wiederholen,
- in welchen Intervallen sich Telegramme wiederholen
und viele weitere Details.
Lassen Sie diese Felder erst einmal leer. Sie werden sich damit in Kapitel 3 im Detail beschäftigen. Dort werden die einzelnen Schritte der Telegrammverarbeitung und das Zusammenspiel mit dem Customizing erklärt.
Die Punkte Kommunikationskanal zu Objekten zuordnen und Rangfolge für Kommunikationskanalobjekte definieren (siehe Abbildung 2.5) customizen Sie nur, wenn Sie mehr als einen Kommunikationskanal pro SPS haben. Das ist dann sinnvoll, wenn die Menge der Telegramme zu groß wird. Sie teilen in diesem Fall die der SPS fest zugeteilten Kanäle auf Objekte auf, z.B. auf Telegrammarten, Ressourcen oder auch Meldepunkte.
Gassen-SPS auf zwei Kanäle aufteilen
In einer Hochregalgasse kommunizieren über den Kommunikationskanal das Regalbediengerät, die Ein- und Auslagerlagerbahnen und eventuell noch davorliegende Meldepunkte, die Lagerplatzfindungen ausführen. Wenn Sie hier das Regalbediengerät isoliert ansprechen wollen, definieren Sie einen zweiten Kommunikationskanal und ordnen ihn dem Objekt »Ressource« zu, das Sie danach beim Festlegen der Objektrangfolge priorisieren. Eventuelle Fahrzeugstörungen beeinflussen damit nicht mehr die Fördertechnik vor der Hochregalgasse und andersherum, da die Ressource immer über einen eigenen Kanal kommuniziert und infolgedessen nicht warten muss, bis eine Störung als behoben gemeldet wird und der Telegrammverkehr weitergeht.
2.1.3 Meldepunkte
Ihre Meldepunkte legen Sie in drei Schritten an: Zuerst definieren Sie die Arten, dann die Meldepunkte und fassen diese zum Schluss zu Gruppen zusammen.
Wie bereits bei der Begriffserklärung erwähnt, können Sie über die Meldepunktarten (MPArt) Meldepunkte nach ihren Funktionen zusammenfassen, damit sie die gleiche MFS-Aktion ausführen.
Unser Szenario umfasst 13 Meldepunkte in den SPS WA01 bis WA03 und WE01.
Am einfachsten lassen sich die Meldepunkte an den Arbeitsplätzen zu zwei Meldepunktarten zusammenfassen. Hier haben Sie die Aufsetzpunkte am Arbeitsplatz und die Ankunftsmeldungen am Arbeitsplatz, die identisch funktionieren sollen.
Wenn Sie nach diesem Schema vorgehen und die Meldepunkte nach ihren Gemeinsamkeiten zusammenfassen, ergibt sich die in Tabelle 2.2 dargestellte Liste.
MPArt | Beschreibung | Funktion | Meldepunkte |
---|---|---|---|
AAWS | Ankunft am Arbeitsplatz | HU auf Arbeitsplatz umbuchen | MPWAAPO01 MPWAAPO02 |
SFWS | Rücklagerung vom Arbeitsplatz ins Lager | Rücklagerung ins Lager anstoßen | MPWEAP01 MPWAAPI01 MPWAAPI02 |
NIOC | Gewichts- und Konturenprüfung | Gewichts- und Konturenprüfung | MPWENIO1 MPWENIO1D MPWAISC01 |
CHSC | Umbuchung von F1 auf F2 | Umbuchung von F1 auf F2 | MPWESC01 |
DTAI | Gasse für Einlagerung ermitteln | Gasse für Einlagerung ermitteln | MPWESC02 MPWAISC02 |
DTWS | Arbeitsplatzentscheider | Arbeitsplatzentscheider | MPWAOSC01 MPWAOSC02 |
Tabelle 2.2: Meldepunktarten für Meldepunkte festlegen
Die 13 Meldepunkte fassen Sie zu sechs Meldepunktarten zusammen. Aus der Funktion wird später die MFS-Aktion, die von der jeweiligen Meldepunktart ausgeführt wird.
Unter dem Customizing-Pfad SCM Extended Warehouse Management • Extended Warehouse Management • Materialflusssystem (MFS) • Stammdaten • Meldepunktarten definieren legen Sie nun die Meldepunktarten an (siehe Abbildung 2.7).
Abbildung 2.7: Meldepunktarten definieren
Mit diesen Meldepunktarten widmen Sie sich dem Customizing der Meldepunkte.
Unter dem im Customizing-Baum nachfolgenden Pfad SCM Extended Warehouse Management • Extended Warehouse Management • Materialflusssystem (MFS) • Stammdaten • Meldepunkt definieren geben Sie nun die Meldepunkte mit ihren Meldepunktarten ein.
Nachdem Sie den Meldepunktnamen mit der SPS und der Lagernummer eingetragen haben, müssen Sie drei Teilbereiche ausfüllen.
Zuerst nehmen Sie die Grunddefinitionen des Meldepunkts MPWENIO1 vor (siehe Abbildung 2.8).
Abbildung 2.8: Meldepunkteinstellungen
Neben der vorher im Feld MPArt festgelegten Meldepunktart geben Sie die unter Einlager LprzArt bereits in der SPS für die Einlagerung bestimmte Lagerprozessart 3085 an.
Danach können Sie den Meldepunkt klassifizieren. SAP EWM unterscheidet hierbei zwischen einem Identifikationspunkt (I-Punkt), dem Endpunkt (Ende) einer Strecke, einem Klärplatz und einem Scannerpunkt (Scanner). Sie haben hier die Möglichkeit, mehrere Werte miteinander zu kombinieren. Die Kombinationen sind später für die MFS-Aktion relevant: Unterschiedliche Typen lösen unterschiedliche Telegrammarten aus.
Ein Scannerpunkt gibt Ihnen einen Barcode zurück, mit dessen Hilfe Sie die jeweilige HU in SAP EWM identifizieren. Darüber hinaus kann er weitere Infos enthalten. Die gängigsten sind die Konturenprüfung sowie Höhe und Gewicht. In einem Wareneingangsszenario können ferner Barcodes von Speditionen interessant sein, die der Fördertechnik bei der Identifizierung vorher avisierter Pakete und der Verknüpfung ebendieser mit der SAP-EWM-Anlieferung helfen.
Gleiches gilt für einen I-Punkt, der zusätzlich bei der Layoutorientierten Lagerungssteuerung verwendet wird. Hier sind als I-Punkt gekennzeichnete Meldepunkte Zwischenschritte auf dem Weg zum finalen Nachlagerplatz.
Streckenendpunkte lösen im Normalfall das Umbuchen auf eine Lagerfläche oder einen Arbeitsplatz aus. Klärpunkte werden zum Ausschleusen genutzt, wenn die HU sich im aktuellen Zustand nicht einlagern lässt. Eine Besonderheit der Endpunkte ist, dass Sie keine Zuordnung zu einem Klärplatz brauchen, der bei anderen Meldepunkten obligatorisch ist.
Der nächste Teilabschnitt behandelt die Kapazitätseinstellungen (siehe Abbildung 2.9).
Abbildung 2.9: Kapazitätseinstellungen
Die Kapazitätseinstellungen benötigen Sie, um zu vermeiden, dass Sie Ihre Förderstrecke vollfahren. Hierbei geht es also nicht um die Kapazität eines einzelnen Meldepunkts, sondern um diejenige des Streckenabschnitts bis zum nächsten Meldepunkt. Haben auf dem jeweiligen Streckenabschnitt beispielsweise fünf HU Platz, tragen Sie im Feld Kapazität 5 ein.
Besonderheit Behälterfördertechniken
Verwenden Sie eine Behälterfördertechnik, können Sie die Kapazitätseinstellungen überspringen. Denn in diesem Fall ignoriert das System entsprechende Einstellungen an Meldepunkten.
Daneben befindet sich das Feld Ausn. Kapazität. In diesem hinterlegen Sie den Ausnahmecode, der bei einer Überschreitung der Kapazität ausgelöst wird und Ihnen einen Störfall meldet.
Der Kapazitätsmodus (Kapa.-Modus) legt die Zählweise für die eingetragene Kapazität fest. Welche Einstellungen es gibt, zeigt Abbildung 2.10.
Abbildung 2.10: Kapazitätsmodus – Auswahl
Sind für Sie nur HU relevant, die bereits am Meldepunkt angekommen sind, wählen Sie HUs am Meldepunkt. Die HU werden gezählt, sobald sie den Meldepunkt erreichen, und sind erst dann nicht mehr Teil der Kapazität, wenn sie den nächsten Meldepunkt passiert haben. Hierbei handelt es sich um die beste Zählweise für HU, die sich gerade auf einer Förderstrecke mit nur einem möglichen Weg befinden.
Die Einstellung HUs am Meldepunkt ohne aktive Lageraufgaben ist ähnlich, bezieht sich aber nur auf HU, die quittierte, inaktive, stornierte oder keine Lageraufgaben haben. Andere HU werden ignoriert.
Wenn Sie die Kapazität von Meldepunkten betrachten, die Sie etwas dynamischer beplanen, oder wenn sich HU während der Fahrt für eines von mehreren Zielen entscheiden, kann eine andere Einstellung sinnvoll sein: Dann zählen Sie die HU mit, die sich auf dem Weg zum Meldepunkt befinden. Diese HU werden anhand ihrer Lageraufgaben gezählt, wobei Sie noch unterscheiden können, ob nur aktive gezählt werden sollen oder auch wartende.
Des Weiteren müssen Sie den Meldepunkten Informationen zu Klärplätzen zuordnen. Die Informationen Klärungs SPS und Klärung, die Sie in Abbildung 2.11 sehen, sind dabei obligatorisch für Meldepunkte, die nicht als Endpunkt einer Strecke gekennzeichnet sind.
Abbildung 2.11: Klärungsinformationen
In den Feldern weisen Sie den für die Strecke zuständigen Klärpunkt zu, also einen Meldepunkt mit seiner zugehörigen SPS.
Soll eine HU wegen etwaiger Kapazitätsprobleme oder eines Konturenfehlers auf einen Klärplatz ausgeschleust werden, werden die in Abbildung 2.11 hinterlegten Informationen zur Umbuchung verwendet.
Klärung SPS und Klärung geben den Zielmeldepunkt für die HU an. Die Felder Klärlagertyp, Klärlagerbereich, Klärlagerplatz und KProzessart werden für die Anlage der neuen Lageraufgabe zum Transport und zur Bestandsumbuchung eingesetzt. Die Lageraufgabe nutzt dabei auch den Ausnahmecode, der unter Ausn. Kapazität festgehalten wird (siehe Abbildung 2.9).
Planung der Meldepunkte
Planen Sie Ihre Meldepunkte sorgfältig, bevor Sie mit dem Customizing beginnen. Idealerweise ist diese Planung auch Ihre spätere Dokumentation.
In der in Abbildung 2.12 dargestellten Excel-Datei finden Sie eine beispielhafte Übersicht über die Pflichtfelder, die Sie für das Customizing benötigen.
Mit dieser Übersicht können Sie die Meldepunkte sehr schnell ins Customizing übertragen (siehe Abbildung 2.13).
Sie sollten dabei immer mit den Klärmeldepunkten beginnen, damit Sie diese später bei anderen Meldepunkten als Klärinfo verwenden können – hierfür müssen sie bereits gepflegt sein.
Abbildung 2.12: Meldepunkt »Planung« – Excel-Übersicht
Abbildung 2.13: Fertiges Meldepunkt-Customizing – Übersicht in SAP EWM
Nach Abschluss des Customizings können Sie die Meldepunkte Meldepunktgruppen zuordnen. Letztere beeinflussen die Grobnachplatzfindung auf der Förderstrecke. Dabei handelt es sich um eine Besonderheit der Behälterfördertechnik, die in Abschnitt 2.7 genauer erklärt wird. Unsere Palettenfördertechnik verwendet sie nicht.
Bei Lagerbereichen mit zwei separaten Zuführungen kann es sinnvoll sein, die Nachplatzfindung an den jeweiligen Entscheiderpunkten nicht parallel durchzuführen. Beide Meldepunkte würden sich auf Basis identischer Daten für einen Nachlagerplatz entscheiden, woraus eine Doppelbelegung folgte. Mithilfe von Meldepunktgruppen kann die Nachplatzfindung serialisiert werden. In unserem Szenario haben Sie jedoch keine entsprechende Zuführung, die eine Meldepunktgruppe erforderlich machte.
Meldepunktgruppe im WE
Gehen wir zwei Jahre in die Zukunft. Ihr Umsatz ist gestiegen, und Sie bauen eine zweite Zuführung aus dem WE, um mehr HU in Ihrem Lager aufnehmen zu können. Beide Zuführungen haben an ihrem Ende, bevor die HU in die jeweilige Gassenzuführung abbiegen, jeweils einen Meldepunkt. Wenn Sie die Grobnachplatzfindung an diesen Streckenendpunkten nutzen wollen, müssen Sie verhindern, dass beide Zuführungsstrecken denselben Nachlagerplatz ermitteln, falls Paletten gleichzeitig ihre Ermittlungsmeldepunkte passieren sollten. Die Meldepunktgruppe regelt das, indem sie die Meldepunkte einer Gruppe sperrt, damit nur eine der beiden einen Nachlagerplatz definieren kann.
2.1.4 Fördersegmente
Der nächste Schritt ist das Definieren der Fördersegmente, die die Wegstrecke zwischen zwei Meldepunkten abbilden. Es muss kein Segment für jede einzelne Wegstrecke festgelegt werden. Wenn z.B. bauliche Gegebenheiten oder Ihr Anlagenautomatisierer ohnehin verhindern, dass zu viele HU auf einen Förderstreckenteil gelangen, ist an dieser Stelle die Definition eines Fördersegments nicht erforderlich.
Wenn jedoch die Anlagensicherheit durch SAP EWM gewährleistet werden soll und Ihr Anlagenautomatisierer das Rückhalten der HU entsprechend unterstützt, können Sie mithilfe dieser Elemente verhindern, dass sich bei einer Störung zu viele HU unkontrolliert über die Anlage bewegen und diese verstopfen bzw. eine Rückstausituation erzeugen.
Sie können Fördersegmente auch zu Fördersegmentgruppen zusammenfassen, um im Störfall schnell einen ganzen Streckenteil sperren zu können.
Gerade im Wareneingang ist dies ein wichtiges Thema. Ist die Einlagerung in das Hochregallager gestört, darf der Wareneingang nicht mehr Behälter losschicken, als auf der Förderstrecke Platz haben.
Der Weg ins Hochregallager führt in unserem Beispielszenario über die drei Meldepunkte MPWENIO1, MPWESC01 und MPWESC02. Die SPS schickt für die Segmente zwischen den Meldepunkten Statusmeldungen mit einem Füllstand, wie viele HU grade im Segment unterwegs sind. Einigen Sie sich deshalb mit Ihrem Anlagenautomatisierer auf eine Benennung der Segmente.
Durch die verschiedenen Fahrstreckenlängen ergeben sich für die Segmente unterschiedliche Kapazitäten.
Das Segment zwischen den Meldepunkten MPWENIO1 und MPWESC01 kann zwei HU aufnehmen. Die Kapazität der Meldepunkte selbst wird hier nicht mitgezählt, es geht allein um die Wegstrecke. Ich benenne in diesem Buch die Segmente nach Bereich, Start- und Zielmeldepunkt, hier konkret als WENIOTOSC1.
Sie gehen so die komplette Förderstrecke von Meldepunkt zu Meldepunkt durch und definieren die unterschiedlichen Fördersegmente.
Ist dieser Vorgang abgeschlossen, definieren Sie, welche Fördersegmente im Störfall gemeinsam an- oder abgeschaltet werden sollen.
Wenn Sie, wie bereits erwähnt, bei einem Störfall des Hochregallagers die Förderstrecke aus dem Wareneingang heraus komplett deaktivieren wollen, wird sie als eine Gruppe behandelt.
Deshalb fassen Sie die Fördersegmente zwischen den Meldepunkten MPWENIO1, MPWESC01 und MPWESC02 zu einer Fördersegmentgruppe zusammen, die insgesamt nur zehn HU aufnehmen darf. Ist diese Kapazität erreicht, müssen die HU am Arbeitsplatz im Wareneingang nach der Aufgabe vor dem MPWENIO1 stehen bleiben.
Für unser Beispiel ist es sinnvoll, den Meldepunkt MPWEAP01 am Arbeitsplatz im Wareneingang nicht in die Fördersegmentgruppe aufzunehmen, sodass er im Störfall nicht sofort mitgesperrt wird. So können Ihre Mitarbeiter erstmal für kurze Zeit weiterarbeiten, und die Störung führt nicht sofort zum Arbeitsstillstand.
Sie können auf diese Weise die komplette Gruppe im Störfall über den LVM sperren. Zusätzlich kann aber auch die SPS eine Störmeldung mit einem Statustelegramm senden, um so die komplette Segmentgruppe inaktiv zu schalten. Die Telegrammart STAT, in diesem Szenario die Telegrammart für Statusmeldungen, bildet hierbei die Segmentgruppenart ab.
Die Segmentgruppenart ist ein Bündelungselement, das es erlaubt, über den LVM oder ein Statustelegramm mehrere Segmentgruppen gleichzeitig zu sperren.
Das SAP EWM bietet Ihnen also drei Ebenen zur Sperrung Ihrer Förderstrecken. Über ein einzelnes Fördersegment, das den Weg zwischen zwei Meldepunkten sperrt über eine Fördersegmentgruppe, die mehrere Fördersegmente gleichzeitig sperrt und schließlich auf der obersten Ebene über die Fördersegmentgruppenart, womit Sie mehrere Gruppen oder wie in diesem Szenario Ihre komplette Förderanlage sperren können.
Fertig definiert sieht die Segmentbestimmung für die kompletten Strecken im Wareneingang und Warenausgang dann aus wie in Tabelle 2.3 dargestellt.
Fördersegment | Beschreibung | Kapazität | Segmentgruppe | Gruppenart |
---|---|---|---|---|
WASC1TOSC2 | WA: Outbound SC1 Richtung SC2 | 3 | FSGWA1 | STAT |
WASC2TOAP1 | WA: Outbound SC2 Richtung AP | 1 | FSGWA1 | STAT |
WASC2TOAP2 | WA: Outbound SC2 Richtung AP | 2 | FSGWA1 | STAT |
WAISC1TOSC2 | WA: Inbound SC1 Richtung SC2 | 4 | FSGWA1 | STAT |
WAISC2TOG2, | WA: Inbound SC2 Richtung Gasse | 2 | FSGWA1 | STAT |
WAISC2TOG1 | WA: Inbound SC2 Richtung Gasse | 4 | FSGWA1 | STAT |
WAAP1TOSC1 | WA: Inbound AP1 Richtung SC1 | 2 | FSGWA2 | STAT |
Fördersegment | Beschreibung | Kapazität | Segmentgruppe | Gruppenart |
---|---|---|---|---|
WAAP2TOSC1 | WA: Inbound AP2 Richtung SC1 | 2 | FSGWA2 | STAT |
WEAPTONIO | WE: AP Richtung NIO | 1 | FSGWE1 | STAT |
WENIOTOSC1 | WE: NIO Richtung SC1 | 2 | FSGWE1 | STAT |
WESC1TOSC2 | WE: SC1 Richtung SC2 | 3 | FSGWE1 | STAT |
WESC2TOHRL | WE: SC2 Richtung HRL | 2 | FSGWE1 | STAT |
G1OTOSC1 | Gasse 1 Richtung SC1 | 3 | FSGHRL | STAT |
G2OTOSC2 | Gasse 2 Richtung SC1 | 3 | FSGHRL | STAT |
Tabelle 2.3: Definition der Fördersegmente
Diese Tabelle übertragen Sie nun ins Customizing.
Kommunikationskette
Entwerfen Sie solche Elementdefinitionen gemeinsam mit Ihrem Anlagenautomatisierer immer zuerst in einer Excel-Datei. Stimmen Sie die Dateien mit ihm ab, und fangen Sie erst an zu customizen, wenn Sie eine Abnahme der anderen Seite haben. Diese Definitionen können auch Teil des Lastenhefts sein und damit fixiert. Unstimmigkeiten fallen erst viel später auf, wenn Telegramme nicht empfangen werden können oder Informationen nicht richtig verarbeitet werden. Nachträgliche Korrekturen sind sehr aufwendig, da sie mühsam an verschiedenen Stellen durchgeführt werden müssen.
Sie beginnen mit der Definition der einzelnen Fördersegmente. Diese finden Sie in der Transaktion SPRO über den Customizing-Pfad SCM Extended Warehouse Management • Extended Warehouse Management • Materialflusssystem (MFS) • Stammdaten • Fördersegment definieren.
Wichtig ist, dass Sie wie bei den Meldepunkten auch hier einen Ausnamecode hinterlegen. Diesen braucht SAP EWM, um im Falle einer Kapazitätsüberschreitung mit der Ausnahme das Segment sperren zu können.
In Abbildung 2.14 wird im Feld Ausn. Kapazität derselbe Ausnahmecode verwendet wie bei den Meldepunkten in Abbildung 2.9. Sie können aber ebenso gut einen beliebigen anderen nutzen.
Abbildung 2.14: Customizing eines Fördersegments
Wenn Sie die einzelnen Segmente alle inkl. der passenden Kapazitäten definiert haben, wie in Abbildung 2.15 dargestellt, gehen Sie weiter zu den Fördersegmentgruppen.
Abbildung 2.15: Übersicht der einzelnen Fördersegmente
Für die Festlegung der Fördersegmentgruppen brauchen Sie zuerst einmal die erwähnte Segmentgruppenart.
Diese leitet sich von der Statusmeldung der SPS ab und wird im Customizing-Pfad SCM Extended Warehouse Management • Extended Warehouse Management • Materialflusssystem (MFS) • Stammdaten • FördersegmentGruppenart definieren gepflegt. Hinterlegen Sie das Segment, wie in Abbildung 2.16 abgebildet.
Abbildung 2.16: Definition der Segmentgruppenart
Danach folgen Sie dem Pfad SCM Extended Warehouse Management • Extended Warehouse Management • Materialflusssystem (MFS) • Stammdaten • Fördersegmentgruppen definieren.
Hier legen Sie die Benennung und Beschreibung unserer vier benötigten Fördersegmentgruppen fest und ordnen Sie die Gruppenart zu (siehe Abbildung 2.17).
Abbildung 2.17: Anlage der Fördersegmentgruppen
Der letzte Schritt in diesem Teil des Customizings ist die Zuordnung der Fördersegmente zu den Fördersegmentgruppen.
Dafür rufen Sie im Customizing die Verknüpfung SCM Extended Warehouse Management • Extended Warehouse Management • Materialflusssystem (MFS) • Stammdaten • Fördersegmente zu Fördersegmentgruppen zuordnen auf.
Hier fassen Sie Einzelsegmente zu Gruppen zusammen (siehe Abbildung 2.18).
Abbildung 2.18: Zuordnung der Segmentgruppen zu Einzelsegmenten
Mehr müssen Sie zu den Fördersegmenten im ersten Schritt nicht festlegen. Alle hier definierten Elemente benötigen Sie aber später bei der Einrichtung des Lagerlayouts (siehe Abschnitt 2.2).
Im letzten Schritt der Festlegung der Stammdatenelemente geht es um die noch notwendigen Elemente für die Ressourcen und die Lagerinfos für den Lagertyp, der durch die Ressource abgearbeitet wird. Dieses Customizing baut jedoch auf Einstellungen auf, die mit dem Lagerlayout zu tun haben. Deshalb wenden wir uns zunächst diesem Thema zu.
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N. Kavrigin
01.06.2024